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via anders denken blog by niluxx
„Die klassische Physik beruht auf der Annahme – oder sollten wir sagen Illusion – dass wir die Welt beschreiben können, ohne von uns selbst zu sprechen. Wir „wissen“ beispielsweise, dass es die Stadt London gibt, unabhängig davon, ob wir sie sehen oder nicht.“ Aber über Phänomene zu sprechen und sich selbst dabei außen vor zu lassen, erzeugt das Gefühl, haltlos im Raum zu schweben, sich nicht mehr verorten zu können. Das jedoch ist psychisch kaum auszuhalten und erfordert Kompensation. Deshalb suchen wir Halt, um uns an irgendetwas in einem scheinbar unendlichen Universum orientieren zu können. Der Blick ins Weltall macht Angst. Festhalten-wollen ist daher der bestimmende Modus jeder durchschnittlichen Wahrnehmung. Sie soll uns mitteilen, dass ein Baum ein Baum, ein Gerät ein Gerät, ein Mensch ein Mensch ist – und ich ICH bin. Wir hegen den Wunsch, dass äußere Phänomene, wie auch wir selbst, sicher sein mögen, aus sich selbst heraus, eigenständig und substanziell existierend, damit wir uns auf irgendetwas verlassen und daran festhalten können.
„Man kann sagen, dass die klassische Physik eben die Idealisierung der Welt darstellt, in der wir über die Welt oder ihre Teile sprechen, ohne dabei auf uns selbst Bezug zu nehmen.“(H-P Dürr) Je weiter die physikalischen Untersuchungen fortschreiten, desto kleiner werden die Einheiten, die in naiver Weise als „eigenständig“ gewünscht werden. Naiv deshalb, weil zumindest seit Bohr, Einstein, Heisenberg und Schrödinger, also seit gut 100 Jahren, dieses Märchen als solches enttarnt ist.
Die Quantenmechanik hat die absolute Existenz der Materie als Fata Morgana entlarvt. Hans-Peter Dürr, viele Jahre Direktor des Max-Planck-Institutes für Physik, Schüler Heisenbergs und Schrödingers, brachte dies mit einfachen Worten auf den Punkt:
„Materie ist im Grunde nicht Materie. Deshalb habe ich eingangs erwähnt: Ich habe fünfzig Jahre über Materie gearbeitet, die es gar nicht gibt. Wir können uns das nicht vorstellen…. Es gibt nur Beziehungsstrukturen, es gibt keine Objekte. Die Frage, was ist und was existiert, kann so nicht mehr gestellt werden.“
Der heute wohl berühmteste deutsche Quantenphysiker bekennt, dass die Materie, über die er fünfzig Jahre lang geforscht hat, in Wirklichkeit nicht existiert. Vielmehr existieren nur „Beziehungsstrukturen“ zwischen Dingen, welche ebenfalls nicht aus sich heraus existent sind. „Wenn wir anfangen, über etwas zu reden, dann fangen wir gewöhnlich damit an zu fragen, was ist, was existiert. Das ist das Erste, was wir fragen. Wenn diese Frage keinen Sinn mehr hat, dann bleibt uns auch die Sprache weg. Es bleiben nur die Fragen, was passiert und was bindet – und nicht, was welche Teile wie verbindet. Das ist für uns ganz ungewohnt.“
Die klassische Physik, die möglichst exakte naturwissenschaftlich gesetzmäßige Aussagen über Vergangenheit und Zukunft geben möchte, bewege sich immer auf einer Ebene, auf der wahrhafte Erkenntnis nicht stattfinde. Dürr dazu etwas ketzerisch: „Der liebe Gott wusste das schon vorher. Warum sagt er es den Physikern nicht einfach? Er hat das so angelegt, weil die Physiker ja ihre Nobelpreise haben wollen!“ Die Quantentheorie besage hingegen, dass es diese angenommene strenge Naturgesetzlichkeit gar nicht objektiv gibt.
„Es gibt keine Materie…Am Anfang ist alles Eins!“
„Das Fundament unserer Wirklichkeit ist nicht die Materie, sondern etwas Spirituelles, das gar nicht begreifbar ist. Schon der Ausdruck Fundament ist falsch, denn „Fundament“ ist an die Vorstellung von „Substanz“ gebunden. Besser sollte man sagen: Im Grunde unserer Wirklichkeit ist kein Fundament, sondern eine Quelle, etwas Lebendiges. Deshalb ist es unsere Aufgabe, diese Lebendigkeit zu erkennen, um wieder den Freiraum zu gewinnen, in dem wir unserer Problem suchen und lösen können…“, – so Hans-Peter Dürr
Quellen: H.-P. Dürr, – Es gibt keine Materie! (Buch) | H.-P. Dürr, – Geist, Kosmos und Physik – Gedanken über die Einheit des Lebens (Buch)