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Kurt Sigl vom Bundesverband eMobilität setzt auf Druck von außen: Die Politik versage bei der Förderung und die deutschen Hersteller redeten das Elektroauto herunter. Interview: Matthias Breitinger

zum Ziel von einer Million Autos mit Elektroantrieb in Deutschland im Jahr 2020 bekannt. Herr Sigl, wie viele solche Autos werden es Ihrer Einschätzung nach im Jahr 2020 sein?

Kurt Sigl: Zwei bis drei Millionen – wobei darin, wie bei der offiziellen Annahme, auch Plug-in-Hybridfahrzeuge und Autos mit Verbrennungsmotor als Range Extender enthalten sind.

ZEIT ONLINE: Was macht Sie so optimistisch?

Sigl: Sie müssen sich nur die aktuellen Zulassungszahlen anschauen. Monat für Monat werden mehr Autos mit mindestens teilelektrischem Antrieb zugelassen; wir nähern uns inzwischen der Marke von 5.000 im Monat. Das wird in den nächsten Jahren schnell weiter zunehmen.

Kurt Sigl

© Bundesverband eMobilität

Kurt Sigl ist Präsident des Bundesverbandes eMobilität. Er war bis 1993 fast zehn Jahre lang Geschäftsführer der Audi AG.

ZEIT ONLINE: Bislang wurden jedoch alle Ziele verfehlt: Ende 2014 wollte man 100.000 reine Elektroautos auf der Straße haben, tatsächlich waren es 24.000.

Sigl: Es schlafen ja nicht alle so wie Deutschland. Der Druck kommt von außen und wird dafür sorgen, dass sich auch bei uns viel bewegt. Und die deutschen Hersteller fangen jetzt wenigstens damit an, ihre Modelle teilweise zu elektrifizieren. Darum wird die Zahl der Plug-in-Hybride in den nächsten Jahren nach oben schießen. Dafür sorgen auch die CO2-Vorgaben der EU. Wenn 2018 nicht mindestens jeder fünfte Neuwagen wenigstens teilelektrifiziert ist, bekommt ein Autohersteller ein Problem. Allerdings: Die rein batterieelektrischen Autos haben keine Chance.

ZEIT ONLINE: Heißt das, der Markt und die EU regeln alles, die Bundesregierung muss nichts weiter machen?

Sigl: Was heißt "nichts weiter"? Die Regierung macht ja überhaupt nichts. Und was bisher beschlossen wurde, ist eine Lachnummer. Es wird alles verschlafen, was man nur verschlafen kann. Die einfachsten Dinge sind nicht geklärt. Nur ein Beispiel: Wie ist es mit dem geldwerten Vorteil, wenn man beim Arbeitgeber das Elektroauto auflädt? Solche Dinge hätten längst geklärt werden müssen. Stattdessen beschließt die große Koalition ein Gesetz, das Kommunen erlaubt, die Busspur für Elektroautos zu öffnen. Das ist eine Farce!

ZEIT ONLINE: Meine Frage zielte eher auf eine stärkere staatliche Förderung, die nicht nötig wäre, wenn das Eine-Million-Ziel auch so erreicht wird.

Sigl: Nein, die Regierung muss zwingend noch mehr tun. Vor allem, damit mehr reine Elektroautos zugelassen werden. Der einfachste Weg wäre schon mal eine Steuererleichterung für Gewerbetreibende, die ein Elektrofahrzeug anschaffen. Die Bundesregierung lehnt das ab. Aus meiner Sicht ist das völlig unverständlich.

ZEIT ONLINE: Spricht der Ruf nach Subventionierung nicht dafür, dass das Produkt einfach noch nicht marktreif oder kundengerecht ist?

Sigl: Nein. Von den rund 45 Millionen Autos in Deutschland sind etwa 10 bis 11 Millionen Zweit- und Drittfahrzeuge, die im Schnitt 30 Kilometer am Tag bewegt werden. Das schafft jedes Elektroauto heute mühelos. Es ist also Blödsinn, zu behaupten, das Produkt entspreche dem Bedarf nicht.

ZEIT ONLINE: Aber zu einem viel höheren Preis, der sich bei einem Zweitfahrzeug erst recht nicht rechnet.

Sigl: Es gibt inzwischen Fahrzeuge, die auch vom Preis her vergleichbar sind mit Autos mit Verbrennungsmotor. Da wird sehr viel Falsches gesagt und geschrieben.

Übersicht zu diesem Artikel

Seite 1/2 Vorwärts

  1. Seite 1 "Die Regierung verschläft alles"
  2. Seite 2 "Im Auto sehe ich die Brennstoffzelle nicht"
Photo: Andreas Praefcke

Photo: Andreas Praefcke

Tag(s) : #Wirtschaft, #Paradigmawechsel
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